20110208

Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch. «Un homme n'est réellement oublié que lorsque son nom l'est »


Hildegard d'Ornano
----------------------------------------------------------------------------------

Gunter Demnig first catches your eye, then your thoughts. Although the Cologne artist’s stolpersteine (stumbling blocks) are neatly paved into the sidewalk, they force passers-by to stop and read them. “Here lived” begins the inscriptions engraved in brass on the concrete squares measuring about four inches—on each one, just the name, date, and place of death of an individual killed by the Nazis. But this basic information about the fate of one person among 6 million has the power to create questions in the minds of pedestrians. What he began in 1993 is becoming the largest monument to the victims of National Socialism; it is a constantly expanding mosaic. “It is for all the victims,” says Demnig, “Jews, gypsies, homosexuals, and resistance fighters.” Sometimes, however, Demnig’s idea provokes oppostion. Cities such as Munich and Leipzig don’t allow the stones, and there are homeowners who try to avoid them in front of their doors. But that can’t stop the project. “It has become an avalache: Every day we have requests for stumbling blocks”, says Uta Franke, Demnig’s partner who has meanwhile taken over the project’s organization and documentation. “In many cities, towns and even villages, just the idea to set a stone starts a new wave of discussion and research about the Nazi past.” 

----------------------------------------------------------------------------------
    
A la mémoire des victimes de l’extermination en Allemagne, une cause européenne ? L’artiste Günther Demnig (Cologne) parcourt les trottoirs des villes Allemandes (60 actuellement sont prises par le projet) pour y planter ses Stolpersteine. Ces pierres sur lesquelles on bute, ces pierres d’achoppement (il convient, en français, de conserver ces deux traductions) petits pavés de laiton, sont implantés là où vécurent des victimes des persécutions nazies. Elles obligent le passant à s’arrêter et à lire ce qui est gravé sur elles : Ici vécut X ou Y. Suivent un nom, une date, et un lieu de décès. Ces informations extrêmement limitées ont une double fonction : d’une part, favoriser une série de questions dans l’esprit du passant devenu alors spectateur ; d’autre part, rappeler qu’un homme n’est réellement oublié que lorsque son nom l’est. Et sur ce plan, on se souvient de la « politique » nazie qui a consisté à supprimer les registres de noms afin que les victimes soient doublement disparaissantes. Restaurer ces noms, c’est lutter contre les effets légués par le nazisme, tout en ressaisissant la culture allemande et la culture européenne dans leur travail nécessaire sur l’exclusion interne, l’éradication de l’autre, et l’illusion dangereuse de l’homogène et de la pureté. L’une et l’autre ont de toute manière autre chose désormais à offrir au monde parce que la condition politique antérieure demeure vive.

 
----------------------------------------------------------------------------------

La memoria delle vittime dello sterminio in Germania è un problema europeo?  L'artista Günther Demnig (Colonia) percorre i marciapiedi delle città tedesche (60 sono attualmente adottate dal progetto) per piantare la sua Stolpersteine. Queste pietre su cui inciampiamo, questi ostacoli ( in francese, conviene mantenere queste due traduzioni) ,piccoli blocchi di ottone, si trovano dove vivevano le vittime della persecuzione nazista. Costringono il passante a fermarsi e leggere quello che è inciso su di esse: Qui visse X o Y ; Dopo una data, un nome e luogo di morte. Si trattano di informazioni estremamente limitate che hanno una duplice funzione: da un lato, promuovere una serie di domande nella mente degli spettatori, e di un altra parte, ricorda che un uomo è veramente dimenticato solo quando lo è suo nome. A questo proposito, ricordiamo la “politica” nazista, che è stata di eliminare le liste di nomi in modo che le vittime siano doppiamente scomparse. Il ripristino di questi nomi lotta contro gli effetti del nazismo, pur ricordando la cultura tedesca e cultura europea nel loro lavoro sull'esclusione interna, l’eradicazione degli altri e la pericolosa illusione omogeneità e purezza. Questi hanno un altra cosa da offrire al mondo ora, perché la condizione politica precedente rimane sempre molto forte.
----------------------------------------------------------------------------------

Seit ewigen Zeiten erinnern Denkmäler an geschichtliche Ereignisse, an Kriege und Siege, an Tote und Vermisste. Auch Mahnmale haben ihren Einzug genommen, um an Gräueltaten zu erinnern und die Besucher zu Menschlichkeit zu mahnen.
Denk mal! Ein Aufruf, ein Imperativ, der den Flanierenden im Vorübergehen nicht immer erreicht, ein Appell, der manchmal nicht bis ins Herz vordringt.

Gunter Demnig hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns und unsere Zeitgenossen zum Stolpern zu bringen.
Seine Stolpersteine sind kleine Messingwürfel, Pflastersteine mit 10 mal 10 Zentimeter groβen goldglänzenden Messingplatten, in den Boden oder in den Bürgersteig eingelassen, vor der Tür des Hauses , in dem die letzte selbst gewählte Wohnung des Menschen war. Jeder Stolperstein erinnert an ein Leben, an ein Opfer des Nazi-Terrors. Man soll über das ermordete Leben der Juden, Homosexuellen, Sinti, der ‚Politischen‘, die verschleppt und getötet wurden, an Zeugen Jehovas und an die Euthanasieopfer stolpern. Die Lebensdaten sollen für kommende Generationen unvergesslich gemacht werden. Schlicht ist das Konzept, eindringlich die prägnante, schreckliche Zusammenfassung des zu kurzen Lebens:

„Hier wohnte Wolfgang Horst Kanninka,* 1926, deportiert 1942 nach Minsk“. – 16 Jahre alt.
„Hier wohnte Heinrich Rosenberg, Jg.1923, deportiert 1940, Gurs, ermordet 1942 in Auschwitz“, 19 Jahre alt.
„Hier wohnte Dr. Edith Stein, Jg.1891, Flucht 1938/ Holland, Lager Westerbork 1942, ermordet 1942 in Auschwitz“

Die Familie von Anne Frank (1929 – 1945) floh aus Aachen, wo ihr letzter selbst gewählter Wohnort das Haus der Großmutter war, nach Holland. Ihre Stolpersteine, Annes, die ihrer Schwester und ihrer Mutter, wurden demgemäß am Pastorplatz 1 in Aachen eingefügt. (1)

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ sagt Gunter Demnig. Er will den Opfern, die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, ihre Namen zurückzugeben und kniet deshalb unermüdlich auf Bürgersteigen, um seine kleinen Mahnmale zu verlegen und für alle spürbar zu festigen.

Die Journalistin Elke Heidenreich schreibt in ihrem Vorwort zu Kirsten Serup-Bilfeldt, „Stolpersteine“, 2003 :“Die  [die Steine] – versteht man, sie richtig zu lesen – erzählen, dass deportiert, abgeführt, gefoltert, misshandelt, gemordet wurde. Vielleicht leben die Nachbarn noch, und vielleicht haben sie damals furchtsam hinter den geschlossenen Gardinen oder dreist auf ein Kissen gestützt am offenen Fenster den Abtransporten zugeschaut, jener Tragödie, von der dann keiner gewusst hat.“(2)

 
----------------------------------------------------------------------------------

« Les pierres à trébucher  - si on les lit bien – racontent, qu’ils furent déportés, enlevés, torturés, maltraités, assassinés. Peut-être que les voisins vivent encore, et peut-être qu’autre fois, ils se tenaient, angoissés, derrière des rideaux fermés, ou ils assistaient sans vergogne, la fenêtre ouverte, appuyés sur un coussin, au spectacle de la déportation, à la tragédie dont plus tard personne n’avait eu connaissance. »

 
----------------------------------------------------------------------------------

Demnigs erste Aktion zur Erinnerung an die Deportation von Sinti und Roma führt ins Jahr 1990, im Jahre 1993 entwirft er sein Projekt STOLPERSTEINE, vier Jahre später verlegt er erste Steine in Berlin-Kreuzberg, eine Aktion, die zunächst nicht genehmigt, später aber legalisiert wurde. In anderen Städten gab es auch Widerstand, seitens der neuen (oder alten) Hausbewohner, die sich stigmatisiert fühlten, oder mit der Überlegung, dass ein solcher Gedenkstein den Wert der Immobilie mindere. Ebenfalls von Seiten einiger Mitglieder jüdischer Gemeinden, die das Projekt z. B. in München ablehnten. Die Namen der ermordeten Opfer sollen von niemandem mit Füßen getreten werden(3).
Demnig selbst findet die Reaktion eines Schülers für sehr treffend, der die Wirkung der Stolpersteine beschreibt: „Nein, nein man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen“. Das ist für den Künstler die schönste Definition: « On ne trébuche pas et on ne tombe pas  par terre. On trébuche avec la tête et avec le cœur. » (4)
Inzwischen ist die Initiative Demnigs ein Kunstprojekt für Europa geworden und findet in vielen Ländern Unterstützung z.B. in den Niederlanden (5) 
In Rom wurden am 28. Januar 2010 an 8 verschiedenen Orten 31 Stolpersteine verlegt, die an die Opfer des Nazi-Regimes und des Faschismus erinnern. Carla Di Veroli, Ministerialrätin für Kulturpolitik, sagte: “Wir dürfen nicht vergessen, dass die Juden und Angehörigen anderer Opfergruppen deportiert wurden, weil die Nazis es befahlen, sondern auch, weil die italienischen Faschisten in den städtischen Ämtern das Hitler-Regime unterstützen.“(6)
In „Le Monde“ vom 12. Oktober 2010 schreibt Frédéric Lemaître in „lettre d’Allemagne“ über die Pflicht sich zu erinnern, zitiert die Rede von Weizsäcker im Jahre 1985 vor dem Bundestag und beschreibt die Stolpersteine. „ Depuis, l'Allemagne se souvient. Elle n'arrête même jamais de se souvenir. Cela est particulièrement vrai à Berlin, où l'histoire s'impose à chaque pas. Dans le quartier Schöneberg, au pied de l'immeuble où Le Monde a son bureaux, six Stolpersteine (littéralement "petites pierres sur lesquelles on bute") en laiton sont insérées dans le trottoir. Elles indiquent que six habitants juifs de l'immeuble sont morts en déportation en 1942. A l'origine de ce projet qui remonte aux années 1990 et concerne toutes les victimes du national-socialisme, Gunter Demnig, un artiste pour qui "un homme n'est réellement oublié que lorsque son nom l'est". On retrouve ces pierres, financées par des dons, dans plusieurs pays."
Demnig gibt zu Bedenken, dass in ganz Europa 6 Millionen Stolpersteine in den Boden eingelassen werden müssten, in allen Städten und vor jedem Haus, aus dem Mitmenschen verschwanden.
 
 ----------------------------------------------------------------------------------

Demnig donne à réfléchir en disant que partout en Europe, six millions de pierres devraient être mises sur le chemin des citoyens, dans toutes les villes et devant chaque maison, où disparaissaient des voisins.
 
----------------------------------------------------------------------------------

Bis April 2010 wurden über 22.000 Steine in etwa 530 Städten und Gemeinden in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Italien, Norwegen, Österreich, Polen, Tschechien, der Ukraine und Ungarn gesetzt. (7) Stolpersteine für Dänemark und Frankreich befinden sich in der Planung. Des projets des „pierres à trébucher“ existent pour le Danemark et pour la France.
(1) Aachener Nachrichten, an-online.de, 7. Mai 2009
(2) Kirsten Serup-Bilfeldt, Stolpersteine. Vergessene Namen, verwehte Spuren. Wegweiser zu Kölner Schicksalen in der NS-Zeit. KiWi – Verlag, Köln. 2003
(3) taz.de vom 26. Juni 2008, „Wer gedenkt am besten?“ Artikel zum Streit über Stolpersteine in München: „Sie(Frau Knobloch) empfindet sie als entwürdigend, unter anderem weil Nazis auf ihnen rumtrampeln und Hunde auf sie pinkeln könnten.“
(4) http://www.arte.tv/de/Die-Welt-verstehen/Geschichte/NAV-A-l-antenne/Stolpersteine/2101550.html
(5) Voor de gedeporteerde joden in Doesburg zijn vanaf nu tien steentjes in de straten van het stadje neergelegd om ze te gedenken. http://www.gelderlander.nl/video/regionieuws/article4912775.ece
(6) Zitat aus der Homepage des Künstlers
(7) http://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine#